Rothirsch

Mit einem Gewicht von bis zu 220 Kilogramm ist der Rothirsch das größte und schwerste bei uns regelmäßig vorkommende Wildtier. Wenn im Wald in zwei Metern Höhe Ästchen geknickt und Blätter verdreht sind, dann sprechen Experten von »Himmelszeichen«. Sie wissen: Hier ist ein Rothirsch mit Geweih unterwegs. Der Kopfschmuck ist ein Statussymbol, mit dem die Hirsche ihren Rivalen und den weiblichen Tieren schon aus der Ferne Kraft und Gesundheit signalisieren. Doch im dichten Wald ist solch ein Geweih eher unpraktisch. Tatsächlich sind Rothirsche ursprünglich auch gar keine Waldbewohner, sondern sie bevorzugten offene und halboffene Landschaften und würden am liebsten Gras fressen; gern auch Kartoffeln, Rüben, Mais und Hafer. Durch immer intensivere Landnutzung und oft auch entsprechende Verwaltungsgesetze wurden Rothirsche in die Wälder verbannt, wo sie eigentlich gar nicht hingehören, und wo sie dann die Rinde von Bäumen herunterziehen und daran herum kauen.

Reh

Mit durchschnittlich 20 bis 30 Kilogramm Gewicht sind Rehe etwa so groß wie Deutsche Schäferhunde. Im Gegensatz zu den Feldrehen, die den ganzen Tag in der offenen Agrarlandschaft leben, halten sich die meisten Rehe in Deutschland am liebsten in der Nähe der Waldränder auf. Anders als die grasfressenden Rot- und Damhirsche sind Rehe ausgesprochene Feinschmecker. Knospen und Kräuter, die sie nach Geschmack auswählen, sind ihre Nahrungsbasis. An ihren großen Ohren und dem zierlichen Körperbau zeigt sich die Alarm- und Fluchtbereitschaft. Bei Gefahr verdrücken sie sich schnell in den Busch.

Damhirsch

Damhirsche liegen in Statur und Gewicht etwa zwischen Rothirsch und Reh. Die Wildart, die in Farbvarianten zwischen braunweiß gefleckt, weiß und schwarz vorkommen kann, hat ihre Existenz den Römern und den absolutistischen Herrschern der deutschen Fürstentümer zu verdanken. Die Römer importierten die Damhirsche aus Kleinasien (der heutigen Türkei), die Adligen des 17. und 18. Jahrhunderts züchteten sie als Jagdbeute für ihre höfischen Lustjagden. Die Tiere lassen sich leicht domestizieren und werden oft in Gattern gehalten. Wer in Restaurants Hirschbraten bestellt, bekommt oft Damhirsch serviert.

Wildschwein

Für Wildschweine ist Deutschland ein Schlaraffenland. Der Grund für diese paradiesischen Zustände ist einerseits der Trend zu erneuerbaren Energien (Biogas), weswegen immer mehr riesige Mais- und Rapsfelder entstehen. Hier finden die Tiere, die bis zu 150 Kilogramm, manchmal sogar 200 Kilogramm wiegen können, reichlich zu fressen und ein perfektes Versteck vor den Jägern. Andererseits profitieren sie auch von der Klimaerwärmung. Milde Temperaturen führen bei Eichen und Buchen zu größerer Vermehrung und zu massenweise Eicheln und Bucheckern im Herbst. Die gute Ernährung ist ein Hauptgrund für die hohe Fortpflanzungsrate bei den Wildschweinen.

Waschbär

Waschbären stammen ursprünglich aus Nordamerika. Der englische Name »Raccoon« lässt sich auf das indianische »Aroughcun« zurückführen, was soviel heißt wie »der mit seinen Händen reibt, schrubbt und kratzt«. Dieser Angewohnheit haben die Waschbären auch ihren deutschen Namen zu verdanken. Die ersten Waschbären in Deutschland wurden 1934 am hessischen Edersee ausgesetzt. 1956 wusste man von 256 frei lebenden Waschbären in Deutschland, inzwischen dürften es gut 100.000 sein. Viele Naturfreunde machen sich Sorgen, weil sie befürchten, die Waschbären würden den Vogelbeständen schaden. Doch Waschbären sind erstens Allesfresser, und zweitens Opportunisten. Sie fressen all das, was sie ohne viel Mühe kriegen können, also Würmer, Schnecken, Insekten, Beeren und Obst, auch Müll und gelegentlich Nester von Vögeln, die sie leicht erreichen können, etwa Amseln. Der Rückgang der Uhus wird zum Teil den Waschbären zugeschrieben, die ihre Horste plündern.

Wolf

Seit einiger Zeit wandern in Deutschland immer wieder Wölfe aus den Nachbarländern ein, vor allem aus Polen, gelegentlich auch aus Italien und Frankreich. Inzwischen leben bei uns 46 Wolfsrudel, dazu mehrere Paare und Einzeltiere – insgesamt sind es etwa 120 bis 130 erwachsene Wölfe (Stand: Oktober 2016). Natürlich ändert sich die Situation laufend, denn Einzelwölfe treffen auf andere Einzelwölfe und zuweilen verpaaren sie sich dann. Die meisten Pärchen dürften in absehbarer Zeit Welpen zur Welt bringen. Immer wieder werden Wölfe auch überfahren oder gewildert. Wölfe zu schießen, ist verboten, denn die Tiere stehen unter Naturschutz. Durch den hohen Bestand an Rehen und Wildschweinen in Deutschland haben die Raubtiere bei uns eigentlich immer genug zu fressen. In manchen Gegenden reißen sie auch Haustiere, besonders Schafe. Die Eigentümer werden dann dafür entschädigt.

Dachs

Anhand ihrer breiten Prankenabdrücke in Schlamm, Schnee oder Sand lassen sich Rückschlüsse auf die Lebensweise der Dachse ziehen. Die kräftigen Vorderpfoten werden gebraucht, um nach Regenwürmern und Insekten und deren Larven zu graben. Als echte Allesfresser vertilgen Dachse gerne auch Wurzeln, Obst und Beeren. Als besonders praktisch erweisen sich die krallenbewährten Pfoten, um unterirdische Baue anzulegen. Wenn das Gelände und die Gegend stimmen, buddeln die Tiere oft weit verzweigte Bausysteme, die eine Reichweite von über 30 Metern haben können und über mehrere Generationen und auch von anderen Tieren wie Fuchs, Kaninchen und Brandgans gleichzeitig genützt werden. Im Winter legen Dachse Laubvorräte an, die sie in eigenen Kammern sammeln. Das Laub fängt nach einer Zeit an zu verrotten. Die Fäulniswärme der unterirdischen Bio-Heizung macht den Bau dann richtig gemütlich.

Baummarder

Ebenso wie die mit ihnen entfernt verwandten Dachse, sind Baummarder Allesfresser. Sie sehen richtig putzig aus, wenn sie im Spätsommer in den Vogelbeerbäumen herumturnen und von den roten Früchten naschen. Aber der erste Eindruck täuscht. Anders als der eher gemütliche Dachs, können Baummarder zu aggressiven Raubtieren werden. Neben Kleinsäugern wie Kaninchen stehen auch die Gelege von Höhlenbrütern wie Eulen und Hohltauben auf ihrem Speiseplan, ebenso gelegentlich auch Rehkitze und selbst ausgewachsene Auerhühner. Ihre Lieblingsbeute sind aber Eichhörnchen, die sie mit bis zu vier Meter weiten Sprüngen hoch im Geäst von Bäumen verfolgen können. Weil Eulen die Sprungweite der Marder kennen, suchen sie sich meist Bäume, die mindestens vier Meter weit entfernt von anderen Bäumen wachsen.

Luchs

Anders als die Wölfe, die in Deutschland von alleine einwandern, stammen die meisten Luchse bei uns von künstlich begründeten Beständen ab. Das heißt: sie wurden ausgesetzt. Die beiden wichtigsten Verbreitungsgebiete in Deutschland sind die bayerisch-tschechische Grenzregion und der Harz. Ein natürlich aus Österreich zugewanderter Luchs konnte Ende 2015 in den bayerischen Alpen nachgewiesen werden. Die Lieblingsbeute der Luchse sind Rehe, von denen sie etwa eines pro Woche benötigen, um satt zu werden. Jäger unterstellen den Luchsen oft, dass durch sie die Rehe immer scheuer und schwerer zu bejagen werden. Tatsächlich sind Luchse Intervalljäger, die jede Woche in weit entfernten Gebieten jagen, um die Rehe eben nicht zu verschrecken. Diese Jagdstrategie hat einen großen Vorteil: Als Lauerjäger können Luchse, anders als die ausdauernden Wölfe, nur kurz rennen und sind deswegen auf den Überraschungseffekt angewiesen.

Auerhuhn

Auerhühner sind ausgesprochen selten. Die bis zu fünf Kilogramm schweren Vögel kommen vor allem in ruhigen, ungenutzten oder nur mäßig genutzten Wäldern vor; etwa in den Alpen, im Schwarzwald oder im Bayerischen Wald. Wichtig für diese Tiere sind Lücken und Lichtungen. Die Licht- und Wärmeverhältnisse machen es möglich, dass hier erstens, Heidelbeeren wachsen können, das Lieblingsfutter der Auerhühner. Zweitens sind Lichtungen immer gut für die meist wärmeliebenden Insekten, bzw. deren Eier und Maden. Insekten sind für Küken in den ersten Wochen ihres Lebens ein unerlässliches Futter. Auch der kleine Vetter des Auerhuhns, das Haselhuhn, braucht dringend Insekten für den Nachwuchs. Die erwachsenen Tiere sind angewiesen auf Kätzchen-tragende Baum- und Straucharten wie Hasel, Erle, Birke. Auch Beerensträucher wie Vogelbeere und Heidelbeere zeichnen ein gutes Haselhuhn-Revier aus. Doch solche Arten gelten in vielen Wirtschaftswäldern als »Baum-Unkraut« und werden oft sogar gezielt beseitig.

Rotfuchs

In Städten und Dörfern sind Füchse meist häufiger zu sehen als in Wäldern. Das liegt daran, dass im Siedlungsbereich Jagen verboten ist. Das wissen die Füchse und nutzen es auch ganz clever aus. Doch der Hauptlebensraum der Füchse ist und bleibt der Wald. Hier dürfen sie fast das ganze Jahr geschossen werden. Wer einen Fuchsbau im Wald entdeckt, kann davor öfters die Überreste von Rehkitzen oder Hasen sehen. Doch die Hauptnahrung von Füchsen sind Mäuse. In den Mägen von einzelnen Füchsen finden Forscher immer wieder große Mengen Maus, manchmal bis zu 70 Tiere. Einige Mäusearten im Wald wie die Rötelmaus gelten als Forstschädlinge, da sie mit Vorliebe die ganz jungen Baumschösslinge anknabbern.

Abendsegler

Die häufigste Fledermaus in unserer Wäldern ist der große Abendsegler, eine von knapp 20 in Deutschland heimischen Fledermausarten. Fledermäuse sind stets ein gutes Zeichen für Strukturvielfalt im Wald. Experten unterscheiden dabei zwischen horizontaler und vertikaler Strukturvielfalt. Horizontal heißt: Auf kleinem Areal im Wald finden sich Waldwiese, Kräuter, Sträucher, Jungbäume und Altbäume, zum Teil auch stehendes Totholz. Vertikal bedeutet, dass die Baumstämme unterschiedlich stark sind und unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit haben, etwa durch lockere Rindenstücke oder weil sie von Moosen, Flechten und Pilzen bewachsen sind. Die Strukturen bieten vielen Insekten eine Nahrungsbasis und Unterschlupf. Fledermäuse sind auf Insekten spezialisiert. Mit Hilfe von Ultraschallrufen, die sie mit ihren oft großen Ohren reflektieren, können sie geschickt zwischen den Bäumen manövrieren und dabei ihre Beutetiere im Flug anpeilen.

Uhu

Uhus gehören zu den nachtaktiven Eulen, denen man am besten in den Abendstunden und mit Hilfe ihrer Stimme auf die Spur kommt. Die tiefen, charakteristischen »buho-úuo«-Rufe stammen vom Uhu, der vor allem in felsigen Waldgebieten brütet. Die meisten anderen Eulen brüten in hohlen Bäumen und sind mit ein wenig Übung an ihren unterschiedlichen Rufen gut zu erkennen, etwa: »üh-üh-üh-üh« (Sperlingskauz), »huui« (Steinkauz), »huúu-hu-uuuu« (Waldkauz) oder »hu-hu-hu-hu« (Raufußkauz). Oft nützen die Eulen Bäume, die von Spechten ausgehöhlt wurden. Größere Eulen, etwa die Raufußkäuze brauchen auch größere Höhlen mit einem Durchmesser von mindestens 50 Zentimetern. Deswegen ist diese Eulenart auf Schwarzspechte als Baumeister angewiesen. Die meisten Bäume werden jedoch gefällt, bevor sie kränkeln, absterben und als Kinderstube für Raufußkäuze oder Schwarzspechte in Frage kämen.

Rotmilan

Der Rotmilan gilt als Deutschlands heimlicher Wappenvogel. Der Greifvogel mit dem charakteristischen Gabelschwanz ist ein Bewohner der hierzulande ehemals typischen Kulturlandschaften. Das heißt, man sieht ihn am ehesten am Himmel über strukturierten Landschaften mit Laub- und Mischwäldern, wo die Rotmilane am liebsten an den Waldrändern brüten. Von hier aus unternehmen sie auch ihre Jagdflüge in die benachbarten Feldlandschaften, wo sie wiederum Gegenden mit Hecken und Streuobstwiesen wegen des hohen Aufkommens an Kleinsäugern bevorzugen. Rotmilane gehören zu den sogenannten »Verantwortungsarten« wie Kiebitz, Wildkatze und Flussperlmuschel; also zu den Arten, die selten sind und ihren Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland haben und deswegen hier auch mit besonderen Anstrengungen geschützt werden müssen. Leider gehören Rotmilane auch zu den Greifvögeln, die besonders häufig in Windkraftanlagen zu Tode kommen.

Hirschkäfer

Der Hirschkäfer gehört zu den sogenannten »xylobionten« Käfern, das heißt zu den Arten, die in bestimmten Phasen ihres Lebens unbedingt auf Holz angewiesen sind (xylos ist griechisch für Holz, und bios bedeutet Leben). Andere holzliebende Käferarten sind etwa Ameisenbuntkäfer, Borkenkäfer und Bockkäfer. Angezogen werden diese Krabbler vor allem von alten, morschen oder kranken Bäumen. Oft ist das Holz von Pilzen befallen, was den Käfermaden wiederum ihre Fressarbeit erleichtert. Genau diese Kombination aus Käfer und Pilz gilt als wichtiger Impulsgeber für Artenvielfalt im Wald, denn die Bäume mit eingelagerten Maden sind wahre Magneten für viele Vogelarten, insbesondere Spechte, die gleichzeitig mit der Futtersuche die Wohnräume für sich und ihren Nachwuchs zimmern. Später profitieren viele andere Tiere von den Wohnhöhlen, wie Hohltaube, Marder, Eulen und Fledermäuse.

Schwarzspecht

Der Schwarzspecht ist die größte der neun einheimischen Spechtarten. Die von ihm gehauenen Wohnhöhlen erkennt man an der rechteckigen Form. Die Löcher der anderen Spechte sind meist rund. Durch seine geräumig gezimmerten Wohnhöhlen ist der Schwarzspecht der ideale Vormieter von größeren Höhlenbrütern wie Eulen und Hohltauben. Neuerdings gibt es zehn Spechtarten in Deutschland. Anfang 2016 wurde der erste Blutspecht in Deutschland nachgewiesen, der wahrscheinlich aus dem benachbarten Tschechien bei uns eingeflogen war. Wie die meisten Spechtarten, der Buntspecht etwa, oder der Mittelspecht und Dreizehenspechte, gehört auch der Blutspecht zu den Baumspechten, die an Bäumen nach Nahrung picken. Es gibt aber auch Spechte, die vor allem am Boden nach Nahrung suchen. Dazu gehören Grauspecht, Grünspecht und Wendehals. Diese drei Arten sind Ameisenspezialisten und werden deswegen leider immer seltener. Denn auch viele Ameisenarten sind bedroht.

Waldameisen

Wer im Frühjahr und Frühsommer im Wald spazieren geht, kann an bestimmten Blütenpflanzen erkennen, ob er sich in einem Ameisengebiet befindet. Insgesamt über 100 Wildblumenarten verlassen sich bei ihrer Fortpflanzung nicht auf Bienen, sondern auf Ameisen. Die Samen dieser Wildblumenarten haben spezielle Süßanteile, die für Ameisen attraktiv sind. Wenn man dann noch ein bisschen herumsucht, wird man einen Ameisenhügel finden, die Wohnstätte eines ganzen Ameisenstaates, der aus 100.000 bis 700.000 Arbeiterinnen und bis zu fünf Königinnen besteht. Die Arbeiterinnen haben unterschiedliche Jobs als Nachwuchsbetreuerin, Jägerin, Bauarbeiterin, Läusemelkerin, Lastenträgerin und Wächterin. Es gibt nur wenige Männchen im Ameisenstaat. Die sind ausschließlich dafür zuständig, sich mit den Königinnen zu paaren.